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Manfred Schloyer



Sah ich auf, um die letzten Tage zu vergessen. Nicht wieder Erinnerungen – hier schien die Sonne, ich blickte aus dem Fenster und sah sie. Die Wärme, einen Moment der Freude, grün, blau – geblendet schloss ich die Augen. Dann war es wieder Herbst. Die dicken Tropfen eines Regenschauers durchweichten meinen Mantel. Zum Grau der Gebäudezeilen gesellte sich der wolkenverhangene Himmel. Grau war auch meine Stimmung – trotz aller Hoffnung: nur ein einziges Mal...

Ich lief die Straße hinunter, immer noch prasselt der Regen schwer auf mich nieder. Wieder ein Auto, Dreck von der Seite besudelte mich und dann – Licht, einen Moment lang, nur. Jetzt wusste ich, was zu tun war.

Ich lief schneller und rannte. Aber Gestern war mir schon auf den Fersen. Ich drehte mich um, sah einem erstaunten Passanten mit Regenschirm in der Hand ins Gesicht und – schlug zu. Er tropfte auf den Boden, war ein nasser Sack, und der kleine Regensee verschlang ihn. Der Schirm rollte auf die Straße.

Die Gärtnerei um die Ecke verkaufte Blumen. Auch im Herbst blühen sie noch, doch die meisten waren schon verwelkt. Das Gelb des Ahorns wirkte nun braun, die Blätter bildeten eine kleine Matschschicht auf dem dunklen Asphalt.

Ein Kind wurde von der Mutter weggezerrt – von einem Zweig am Boden, den es aufheben wollte. Ich blieb stehen, wartete einen Augenblick und nahm ihn in die Hand. Er war nass, so wie ich - dreckig und von einer Eiche mit braunen Blättern. Es waren genau sieben. Jedes Blatt hatte elf Kuppen – so lief ich 77 und einen Schritt weiter; genau dort stand eines der unzähligen Autos am Straßenrand. Ich klemmte den Zweig unter einen Scheibenwischer. Den anderen brach ich ab und warf ihn auf die Straße. Dann war Lärm – jemand schrie. Er rempelte mich an, schrie und schrie.

Die Pfütze vor meinen Füßen war ein kleiner, dunkler See. In ihm spiegelte sich grau mein Gesicht und der Himmel. Ich bückte mich und wusch mir meine Hände rein. Ich nahm ein Stück Papier aus meiner Manteltasche, dann einen Bleistift, den ich immer bei mir trage und schrieb nur ein Wort. Ich zerknüllte das Papier, warf es in die Pfütze und ertränkte es. Es musste... es blieb unten. Ich wischte mir die nassen Haare aus dem Gesicht und stand wieder auf.

Ein Stein, er lag gut in meiner Hand. Nach ihm suchte ich wohl. Ich warf ihn mir morgen zu und traf mich und brüllte. Brüllte mich an und warf mich zu Boden: auf den nassen Teer, von einer glitschigen Blätterschicht überzogen und rutschte fort. Dann war ich wieder am Ende der Straße. Ich zog meinen Mantel aus, warf ihn über das Geländer und eilte ihm nach - zerrte ihn in das Haus, um dort, endlich im Trockenen, mit dem Narren die Null zu feiern.



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